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Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland hat vor einigen Tagen in Trier ihren
neuen Ratsvorsitzenden gewählt und sich für den Bischof von Berlin Wolfgang Huber entschieden.
Da ich ihn persönlich gut kenne und sehr schätze, freue ich mich über diese Wahl.
In meinem Glückwunschschreiben habe ich auf die offenen Tore unseres Domes hingewiesen und
ihn eingeladen, bei uns den Gottesdienst zu feiern und das Wort Gottes zu verkündigen.
Der hochbegabte Theologe, mit dem ich mehrere Tagungen in der Schweiz und in Loccum
gestalten durfte, hat in seiner Antrittsrede das Wort geprägt: „Um Gottes Willen politisch.“
Man kann dieses Wort floskelhaft verstehen, aber auch wörtlich und damit sehr tief.
Weil Gott in der Welt die entscheidende Rolle spielt, kann man ihn nicht einfach in den Himmel
oder in das menschliche Herz zurückdrängen. Die Existenz Gottes hat Auswirkungen auf
menschliches Leben, auf gesellschaftliches Miteinander und politische Strategien.
„Um Gottes Willen politisch“ stellt den Zusammenhang von Gott und den Menschen her.
Eine unserer gemeinsamen Arbeitstagungen in Sils Maria/Schweiz stand unter der Thematik
der Sonntagsheiligung. Der Sonntag hat von Gott her seine Begründung, aber entscheidende
Auswirkungen hat er auf die Menschen. Es ist Aufgabe des Staates und der Politik,
dem Sonntag einen solchen Rahmen zu sichern, dass der Mensch sich darin innerlich und
äußerlich erholen und entfalten kann. Bei einem solchen Thema wird erkennbar,
wie politisch eine Kirche um Gottes und der Menschen willen sein muss.
Wenn der Staat den Sonntag aufgibt und ihn zu einem Arbeitstag macht - aus welchen
Zwängen auch immer -, muss die Kirche um die Sicherung dieses heiligen Tages kämpfen.
Bischof Huber hat im deutschen Ethikrat in der Frage der Bioethik eine ganz klare
christliche Position bezogen. Um der Würde des Menschen willen, die er aus seiner
Gottesebenbildlichkeit gewinnt, hat der Bischof politisch gekämpft.
Auch in der strittigen Schulfrage war er an der Seite des katholischen Berliner
Bischofs und Kardinals Sterzinsky, mit dem er um Gottes und der Kinder willen
sich politisch eingemischt und den Standpunkt des Evangeliums vertreten hat.
Christliches Leben kann man nicht auf den Kirchenraum begrenzen und das
außerkirchliche Leben einfach seinem Schicksal überlassen. Wenn wir uns
in Minden auf den Dom zurückziehen, verzichten wir auf die Gestaltung der Stadt und
ihrer Umgebung. Mit einer solchen Auffassung hätten wir die Gleichnisse vom
„Licht der Welt“ (Mt 5,14), vom „Salz der Erde“ (Mt 5,13) oder vom
„Sauerteig im Mehl“ (Mt. 13,13) verraten. Die christliche Botschaft soll nicht
aus Rechthaberei oder aus Machtansprüchen, sondern um der Menschen willen
die Welt durchdringen.
Wenn an diesem Sonntag in allen Kirchengemeinden die Kirchenvorstände gewählt werden,
ist das auch ein Hinweis auf die Verwobenheit von Geistlichem und Weltlichem.
Die Kirche hat nicht nur mit Gottesdienst und Gebet, mit Spiritualität und Meditation zu tun,
sondern auch mit Vermögen und Geld, mit Besitz und Recht, mit Steuern und Gesetzen.
Schon das Geld, das für die Armen gespendet wird, bedarf der Verwaltung.
Die Kirche soll sich nicht zu politischen Tagesfragen äußern; aber weil sie aus
„Leib und Seele besteht“, muss sie einen - hoffentlich kleinen - Apparat haben und
notfalls um ihr Recht kämpfen. So leistet der Kirchenvorstand einen Dienst an der Gemeinde.
Dafür müssen wir dankbar sein. Unterstützen Sie diesen Dienst durch Ihre Stimme bei der Wahl!
Ihr
Paul Jakobi
Propst
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