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Das Salz der Erde, das Licht der Welt

Pfarrbrief vom 04.08.2002:
Über 5.000 Jugendliche aus ganz Deutschland sind in diesem Jahr der Einladung von Papst Johannes Paul II. zum XVII. Weltjugendtag vom 18. bis 28. Juli ins kanadische Toronto gefolgt, davon ca. 400 aus unserem Erzbistum. Unter dem Motto "Salz der Erde, Licht der Welt" erwartete sie dort zunächst ein Begegnungsprogramm in verschiedenen kanadischen Diözesen, bevor sie ab dem 22. Juli in Toronto mit zahlreichen Jugendlichen aus der ganzen Welt zusammentrafen. "Salz der Erde, Licht der Welt": In der Antike galten Salz und Licht als wesentliche Elemente des menschlichen Lebens. Lange Zeit ist das Salz das gebräuchlichste Mittel zur Konservierung der Nahrungsmittel gewesen. Und Licht weist uns den Weg. Wenn das Licht abnimmt oder ganz schwindet, vermag man die umgebende Wirklichkeit nicht mehr zu erkennen und weiß nicht wohin. Deshalb sind Jugendliche aller Welt als Salz der Erde und Licht der Welt aufgerufen, den Glauben, den sie empfangen haben, zu bewahren und an andere weiterzugeben. Doch welcher Jugendliche in unseren Breitengraden ist heute noch dazu bereit?

"Salz der Erde, Licht der Welt": Nicht wenige sagen der Jugend nach, ihr Glaube, ihr kirchliches Engagement sei fad und bisweilen auch geschmacklos geworden. Nichts zu spüren von feuriger Glaubenswürze. Hier und da leuchte einmal eine jugendliche Gestalt in den Gottesdiensten auf, aber als grelles Licht, das die Kirchenbänke durchflutet, wird die Jugend selbst bei sog. "Jugendgottesdiensten" längst nicht mehr wahrgenommen. Statistiken weisen in diese Richtung: In der jüngsten Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2000 gaben 83 % der Befragten an, in den letzten Wochen keinen Gottesdienst besucht zu haben. 9 % nahmen einmal, 4 % zweimal und 4 % dreimal und öfter an einem Gottesdienst teil. Immerhin gaben 27 % aller befragten Jugendlichen an, manchmal oder regelmäßig zu beten; 56 % allerdings verneinten die Frage nach einer Gebetspraxis ganz. Man mag über diesen Zustand jammern, sich resigniert aus der Jugendarbeit zurückziehen oder sich selbstgerecht auf die Schulter klopfen, nach dem Motto: "Da sind wir doch noch ganz anders groß geworden" - voran bringen wird uns das alles nicht.

Vielleicht hilft da eher die Frage nach den Ursachen dieses Zustands weiter: Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Auch wenn das Urteil über den Glaubensverlust bei Jugendlichen durch die oben genannten Zahlen belegbar scheint, so handelt es sich dabei doch zumindest um eine einseitige Betrachtungsweise. Denn wer einmal auf die Glaubensüberzeugung der Eltern und Großeltern dieser jungen Menschen schaut, dem legt sich der Verdacht nahe, dass es sich gar nicht so sehr um ein jugendspezifisches Problem handelt, sondern um eine gesamtgesellschaftliche Erscheinung, die allenfalls in verschiedenen Jugendstudien verifiziert wird. Eine zutreffendere Diagnose könnte deshalb lauten, dass die Jugendlichen Teil einer Gesellschaft sind, die einen Prozess der Säkularisierung durchmacht durch alle Generationen hindurch (vgl. F. Reintgen/ K. Vellguth: Menschen-Leben-Träume, 178f). Interessant in diesem Zusammenhang wäre eine Studie über den Glaubensverlust bei Erwachsenen. Denn wo der Glaube von den Eltern nicht mehr weitergegeben wird, da kann er bei den Kindern keine Wurzeln schlagen.

So braucht es Jugendliche und junge Erwachsene wie die in Toronto, die sich gegenseitig im Glauben stärken und stützen, die den Mut haben, für Christi Botschaft einzustehen, "Licht der Welt" und "Salz der Erde" zu sein: Menschen, durch die die christliche Identität auch in einer stark säkularisierten Umgebung nicht verschwimmt. Und ich bin dankbar, dass sich solche Jugendliche und Erwachsene auch in unserer Gemeinde finden. Ihnen und uns allen gilt, was der Papst in seiner Einladung zum Weltjugendtreffen so eindringlich schreibt: "Liebe Jugendliche, möge euch nichts zufrieden stellen, was hinter den höchsten Idealen zurückbleibt! Lasst euch nicht von denen entmutigen, die, vom Leben enttäuscht, taub geworden sind für die tiefsten und echten Sehnsüchte ihres Herzens! Ihr tut gut daran, euch nicht mit geistlosen Vergnügungen, vorübergehenden Modeerscheinungen und einseitigen Plänen abzufinden. Wenn ihr euch die große Sehnsucht nach dem Herrn bewahrt, werdet ihr die Mittelmäßigkeit und den Konformismus, die in unserer Gesellschaft so verbreitet sind, vermeiden können."
 
Ihr

Paul Jakobi
Propst

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