Dom Minden  
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Ökumenische Mahlgemeinschaft

Pfarrbrief vom 03.03.2002:
Für das Jahr 2003 ist in Berlin ein ökumenischer Kirchentag geplant. Im Vorfeld hat sich die Diskussion stark auf die Frage zugespitzt, ob katholische und evangelische Christen gemeinsam das Abendmahl feiern und empfangen können. Während die evangelische Kirche große Offenheit zeigt, werden von der katholischen Kirche - vornehmlich von den Bischöfen - theologische Bedenken angemeldet. Auch die soeben in Stuttgart zuende gegangene Frühjahrsvollversammlung der DBK hat sich mit dieser Frage befasst. Nach Presseberichten zu urteilen wurde das Thema kontrovers diskutiert. An einem gemeinsamen Votum wird bis zum Kirchentag gearbeitet.

Wie ist der gegenwärtige theologische Stand in der Frage der gemeinsamen Abendmahlsfeier? Weil gerade diese Frage die einzige ökumenische Thematik ist, die in den Gemeinden auf intensives Interesse stößt, soll versucht werden, unter den vielen Stolpersteinen wenigstens einen Trampelpfad zu finden. Bis zum 2. Vat. Konzil war Katholiken jede Gottesdienstgemeinschaft mit Nichtkatholiken verboten, außer aus gesellschaftlichen Gründen wie etwa bei Trauungen oder Beerdigungen.

Das Konzil hat diesen Weg der Abschottung verlassen und gemeinsame Gottesdienste mit anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften ohne Kommunionfeier sogar empfohlen. In Hinsicht auf das gemeinsame Abendmahl (besser Herrenmahl) zeigt die katholische Kirche wegen des Fehlens des Weihesakramentes in den Kirchen der Reformation nach wie vor Zurückhaltung. Sie erlaubt aber katholischen Priestern bei Todesgefahr oder in schwerer Not eines evangelischen Christen, wenn er einen Amtsträger seiner Gemeinschaft nicht aufsuchen kann und aus eigenem Antrieb vom katholischen Priester die Sakramente erbittet, die Sakramente der Buße, Eucharistie oder Krankensalbung zu spenden. Wie ist heute "schwere Not" zu definieren? Gilt sie etwa für konfessionsverschiedene Ehen, die gemeinsam das Herrenmahl empfangen möchten?

Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland hat schon 1974 empfohlen, darüber nachzudenken, ob aus der Sorge um die Glaubensgemeinschaft der Familie in der konfessionsverschiedenen Ehe sich nicht Gründe für den gemeinsamen Empfang der heiligen Eucharistie ergeben könnten. Wörtlich heißt es: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein katholischer Christ - seinem persönlichen Gewissensspruch folgend - in einer besonderen Lage Gründe zu erkennen glaubt, die ihm seine Teilnahme am evangelischen Abendmahl innerlich notwendig erscheinen lassen. Nach dem katholischen Ökumenismus-Direktorium darf die gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie nur im Ausnahmefall erfolgen. Mit dieser Regelung ist das Prinzip durchbrochen.

Der Knackpunkt ist die "Kirchengemeinschaft". Die katholische Kirche vertritt den Standpunkt, nur bei vorliegender Kirchengemeinschaft könne auch das gemeinsame Mahl gefeiert werden. Unter dieser Prämisse ist zu fragen, ob nicht zumindest eine partielle Kirchengemeinschaft zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche besteht - wie zwei Kreise, die sich teilweise überschneiden -, so dass daraus auch eine partielle Eucharistiegemeinschaft gefolgert werden kann.

Nach Meinung des katholischen Professors für Dogmatik Dr. Peter Neuner (München) könnte ein weiteres Tor geöffnet werden, um das gemeinsame Herrenmahl speziell für die konfessionsverschiedene Ehe zu rechtfertigen. Auch die kirchlich geschlossene konfessionsverschiedene Ehe ist ein Sakrament, durch das sich Kirche verwirklicht. Im 2. Vat. Konzil werden Ehe und Familie als "Hauskirche", als die kleinste Zelle von Kirche bezeichnet. Sie lebt vom Sakrament der Ehe und verlangt die Sichtbarmachung der Kirche auch im Zeichen des Herrenmahls, denn ohne Eucharistie kann Kirche nicht sein. Selbstverständlich treffen diese Aussagen nur auf jene konfessionsverschiedenen Ehen zu, in denen beide Partner ihre christliche und kirchliche Existenz bewusst leben. Eine so gelebte Kirchengemeinschaft im Kleinen legitimiert dann auch eine Eucharistiegemeinschaft.
 
Ihr

Paul Jakobi
Propst

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