Dom Minden  
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Computer in der Familie

Pfarrbrief vom 20.01.2002:
Neben dem Rundfunk hat auch das Fernsehgerät einen unaufhaltsamen Einzug in die Familien gehalten. In der westlichen Welt gibt es wohl kaum einen Haushalt, der nicht mit diesen Geräten versorgt wäre. Nun ist ein weiterer Apparat der Kommunikation auf dem Vormarsch in die Häuser: der Computer. Wie werden die Familien ihn in ihren Alltag inte-grieren? Wird der Computer zu einer Belastung oder zu einer Bereicherung für die Familien werden?

Der heutige Familiensonntag lädt dazu ein, über dieses wichtige Thema nachzudenken. Ohne Zweifel ist die Erfindung der neuen Medien ein unbeschreiblicher Gewinn für menschliche Kommunikation. Die Vielseitigkeit eines Computers, seine schier unerschöpflichen Möglichkeiten, die Erreichbarkeit aller gewünschten Informationen und Daten nötigen uns Staunen und Bewunderung ab. Aber auch vom Computer gilt, was überall als Lebensweisheit anerkannt ist: Wo einer sein Plus hat, hat er auch sein Minus. Plus und Minus der neuen Kommunikationstechnik herauszufinden wird eine der dringlichsten Aufgaben der kommenden Zeit in den Familien sein.

Trotz aller Faszination, die ich für den Computer empfinde, habe ich wenig Kenntnis über dieses Gerät. Aber ich höre viel aus der Gemeinde - Positives und Negatives, vor allem bezüglich seiner Auswirkungen auf das Familienleben. Die einen sagen: Seitdem wir einen Computer besitzen, ist mein Mann nicht mehr zu sprechen. Den ganzen Schreibtisch hat er schon in Anspruch genommen; jetzt besetzt er mit seinem Computer auch noch alle verbliebene freie Zeit. Viele Männer versuchen ihre Frauen mit der Begründung zu beruhigen, sie könnten jetzt viel mehr zu Hause arbeiten. Aber die Wochenenden sind total verplant. Geblieben ist gerade noch das gemeinsame Mittagessen; für Gespräche, Spaziergänge, Gottesdienstbesuche sind Zeiten nicht mehr vorhanden. Der Computer hat viele Menschen voll im Griff. Und seitdem auch die Anschlüsse für das Internet gelegt wurden und das Surfen darin die Neugierde weckt, klagen viele Frauen, sie würden keines Blickes mehr gewürdigt.

Andere Familien loben den Computer. Man kann durch dieses Medium wunderbar miteinander kommunizieren, etwa wenn die Söhne ihren Vater zum Fußballspiel herausfordern. Da sitzen sie zusammen. Nur eine halbe Stunde war vorgesehen; nun sind es schon wieder über zwei Stunden geworden. Störend für den Vater allerdings sind bei aller Spannung im Spiel die herablassenden Bemerkungen der Söhne: Verlier den Mut nicht; du wirst es auch noch lernen. Die ständige Niederlage nimmt der Vater in Kauf; die Mutter aber ist draußen.

Alle guten Vorsätze, den Computer nur "pädagogisch" einzusetzen, waren schnell aufgegeben. Es kam hinzu, dass die Lehrer in der Schule ihre Schüler und -innen aufforderten, doch mal im Internet nachzusehen. Pädagogik gegen Pädagogik? Aber als der Sohn im Ausland studierte und das Telefonieren zur Erhaltung der Familienbindung viel zu teuer war, erwiesen sich E-Mail, Chat und Internet als segensreiche Einrichtungen. Warum sollen so großartige Erfindungen nicht im Interesse des Familienlebens genutzt werden?

Diese Beispiele zeigen die ganze Breite heutiger Medientechnologien - ihre Chancen und Risiken. Wir kommen an ihnen nicht mehr vorbei; allerdings ist der Umgang mit ihnen eine ethische Aufgabe. Die neuen Medien sollen verantwortlich genutzt werden und zu einer menschenfreundlicheren Welt beitragen. Die Maßstäbe für diese Aufgabe müssen in der Familie entwickelt werden. Auch diese Bemühung hat mit einem christlichen Leben zu tun.
 
Ihr

Paul Jakobi
Propst

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