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Alle Proteste der Demonstranten, alle Gebete der Gläubigen, alle Konferenzen
der Politiker haben den Krieg im Irak nicht verhindern können.
Zu tief ist die amerikanische Regierung durch die Katastrophe vom 11. September
in ihrem Nationalstolz gekränkt. Die mächtigste Nation wollte die Demütigung,
die sie durch die Zerstörung des Welt-Handels-Zentrums in New York mit den vielen
Toten hinnehmen musste, nicht auf sich sitzen lassen. Darum war aus ihrer Sicht
der Krieg gegen vermeintliche Übeltäter unvermeidbar.
Die Welt sieht das anders. Das haben die vielen Friedensdemonstrationen,
die Gottesdienste und die beschwörenden Worte des Papstes und zahlreicher
Staatsmänner gezeigt. Wer Unrecht mit Unrecht vergelten will, gerät in eine
Spirale der Gewalt, die kein Ende hat. Die Rachefeldzüge der Terroristen
als Folge dieses Krieges könnten diese Auffassung vielleicht bestätigen.
Es ist unerträglich, sowohl vom amerikanischen Präsidenten als auch von
Saddam Hussein zu hören, dass sie sich auf Gott berufen. Der Papst hat diese
Perversion, diesen Missbrauch des Religiösen aufs Schärfste verurteilt.
Er will auch nicht, dass ein ganzes Volk für seinen Diktator in Sippenhaft
genommen wird und unter einem Krieg zu leiden hat.
Das 2. Vatikanische Konzil hat eine Weltautorität gefordert, durch die
die Außenpolitik der Staaten in eine Weltinnenpolitik umgemünzt werden sollte.
Darum sind Gremien wie UNO und Sicherheitsrat wichtig, die die entgültige
Entscheidung über einen militärischen Einsatz als letztes Mittel zu fällen haben.
Wenn jetzt ein Staat aus diesem System ausbricht und die Weltautorität missachtet,
kann in Zukunft auch jeder andere Staat so verfahren und zur eigenen Rechtfertigung
sich auf den von Amerika angezettelten Krieg im Irak berufen. Das wäre ein Rückschritt
in den Friedensbemühungen der Welt. Insofern ist das Wort des Papstes richtig:
„Der Krieg im Irak ist eine Niederlage der Menschheit.“
Alles politische Geschehen ist immer auch auf dem Hintergrund der christlichen Botschaft
zu betrachten. Die Kunst des Friedens ist viel schwieriger als einen Krieg zu führen.
Das Evangelium wählt seinen Ansatz nicht bei Rache oder Vergeltung, sondern bei der Versöhnung.
„Gott hat die Welt so geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, nicht damit er
die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird“ (Joh 3,16 f.).
Christus hat zwar verloren - aber sein Tod war das Ende des Todes. Auf drastische Weise
hat der Theologe Hippolyt von Rom (um 230) diese Niederlage Jesu mit den Worten beschrieben:
„Der Tod hat Christus gefressen und ist daran verhungert.“
Die Bibel gibt keine konkreten Handlungsanweisungen für politisches Agieren; aber sie liefert
geistige Fundamente, auf denen die Politik steht. Wer diese Grundlagen aufgibt, gerät in
gefährliche Gewässer. Die unberechenbaren und nicht mehr zu steuernden Strömungen können
den so Handelnden und viele Unschuldige in die Tiefe reißen - in eine Niederlage der Menschheit.
Gott aber möchte das Leben für alle.
Ihr
Paul Jakobi
Propst
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